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Ziele und Fragen der Tagung "Erinnern an Zwangsarbeit"

Tagung "Erinnern an Zwangsarbeit", Berlin, 4. bis 6. Oktober 2012

Tagung "Erinnern an Zwangsarbeit", Berlin, 4. bis 6. Oktober 2012

Wie sieht die digitale Zukunft der Oral History aus? Wie kann die NS-Zwangsarbeit in das – zunehmend digitale und internationalisierte – kulturelle Gedächtnis integriert werden? Am Beispiel des Online-Archivs "Zwangsarbeit 1939-1945" diskutiert die Tagung Herausforderungen und Qualitätsstandards beim Aufbau eines digitalen Interview-Archivs – von der Interviewführung bis zur Online-Darstellung – und ermöglicht den Austausch über aktuelle Projekte.

Zeitzeugen-Interviews in der digitalen Welt

Erinnerungen von Zeitzeugen des Nationalsozialismus sind inzwischen zu einer wichtigen Quelle für Forschung, Bildung und Gedenken geworden. Das Ende der Zeitzeugen-Generation, die rasante Entwicklung des Internets und die Globalisierung der Erinnerungskulturen eröffnen der Oral History neue Chancen und Herausforderungen. Wie mit Zeitzeugen-Interviews im digitalen Zeitalter richtig umzugehen ist, ist aber längst nicht ausreichend reflektiert.

Die wissenschaftliche, didaktische und technische Aufbereitung und Analyse von Audio- und Video-Interviews muss sich grundlegende Fragen stellen: Welchen Stellenwert hat die digitale Zeitzeugenerzählung in Geschichtsforschung und -unterricht, im Verhältnis zur traditionellen Textquelle einerseits, zur Zeitzeugen-Begegnung andererseits? Und an welchen Qualitätsstandards kann sich die digitale Aufbereitung audiovisueller Quellen orientieren?

Erinnern an Zwangsarbeit

Die Tagung diskutiert diese Fragen exemplarisch ausgehend von Interviews mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern. Diese lange Zeit vergessenen Opfer des Nationalsozialismus wurden erst durch die Debatte um die Entschädigung in das kollektive Gedächtnis Deutschlands und Europas (zurück)gebracht. Um das Erinnern an die Zwangsarbeit auch für die Zukunft zu sichern, wurden zwischen 2005 bis 2006 unter Regie der FernUniversität Hagen in 26 Ländern Interviews mit Zeitzeugen aufgezeichnet: Knapp 600 ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus 26 Ländern erzählen ihre Lebensgeschichten in ausführlichen Audio- und Video-Interviews.

In einer Kooperation der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" mit der Freien Universität Berlin und dem Deutschen Historischen Museum entstand aus dieser Sammlung seit 2008 das Online-Archiv „Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerungen und Geschichte“. Vier Jahre später sind die Interviews inhaltlich erschlossen und unter www.zwangsarbeit-archiv.de online recherchierbar. Didaktisch aufbereitete Bildungsmedien erleichtern das Lernen über die Zwangsarbeit. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sollen hier zur Diskussion gestellt werden: Wie können die Erinnerungen ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter auch in Zukunft bewahrt, analysiert, aufbereitet und verbreitet werden? Wie kann die NS-Zwangsarbeit in das – zunehmend digitale und internationalisierte – kulturelle Gedächtnis integriert werden?

Ziele

Die vom Center für Digitale Systeme der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ organisierte Tagung zielt auf eine gemeinsame Reflexion über Potentiale, Herausforderungen und Qualitätsstandards beim Aufbau eines Interview-Archivs – von der Interviewführung bis zur Online-Darstellung. Zugleich soll sie Perspektiven der Arbeit mit digitalen Sammlungen beleuchten und Expert/innen und Interessierten eine interdisziplinäre Austauschplattform bieten.

Adressaten

Die Tagung wendet sich an alle, die selbst Zeitzeugen-Interviews geführt, übersetzt, erschlossen, analysiert und technisch oder didaktisch aufbereitet haben oder dies vorhaben. Eingeladen sind besonders an Oral History und NS-Zwangsarbeit interessierte Historiker/innen, Lehrer/innen, Geschichtsdidaktiker/innen, Gedenkstättenmitarbeiter/innen, Ausstellungsmacher/innen, Journalist/innen, Medien- und Online-Expert/innen.
Alle Plätze sind bereits vergeben; eine Anmeldung ist nicht mehr möglich.

Programmüberblick

Die Tagung umfasst Einführungsvorträge, Panels zu den Themen Forschung, Online-Archiv, Museum und Bildungsarbeit, eine Ideenwerkstatt und eine digitale Projektbörse. Abends findet ein Zeitzeugengespräch mit dem Auschwitz-Überlebenden Paul Schaffer statt (in Zusammenarbeit mit dem Institut Français Berlin und dem Hochschulbüro Potsdam der Französischen Botschaft). Zudem zeigt eine Bus-Exkursion Orte der Zwangsarbeit in Berlin. Die Tagungssprache ist Deutsch.