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Die Befreiung: Zwischen Freude und Verzweiflung

Das Ende des Zweiten Weltkriegs brachte Millionen versklavter und todesbedrohter Menschen die Befreiung. Tatsächlich war das aber ein langer Prozess, der vor dem 8. Mai 1945 begann und damit nicht endete. Die gewonnene Freiheit ging nicht selten mit einem schmerzhaften Neuanfang einher.

Im folgenden Themenfilm erzählen drei Zeitzeuginnen, wie unterschiedlich sie die Befreiung erlebten.

Die Befreiung. Zwischen Freude und Verzweiflung. Ausschnitte aus den Interviews mit Zofia B., Galina G. und Tosia S., Archiv „Zwangsarbeit 1939-1945“, Dauer 12 Minuten, Konzept und Schnitt: Ewa Czerwiakowski und Tobias Kilgus, © Freie Universität Berlin 2015

Die Befreiung - Zwischen Freude und Verzweiflung

Die bedingungslose Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschland markierte das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. Monate und Tage vor diesem symbolischen Datum erlebten Millionen Menschen ihre Befreiung: aus den Konzentrations- und Arbeitslagern, den Orten der Zwangsarbeit und der Verschleppung, aber auch von der grausamen deutschen Herrschaft in ihren Ländern. Dies war freilich kein einmaliger Akt, sondern ein langsamer Prozess, der sich mit dem Fortschreiten der alliierten Front im Osten und Westen vollzog und extrem unterschiedliche Aspekte hatte. In den ersten Tagen und Monaten nach der Befreiung starben noch Unzählige.

Die oft freudig begrüßten Soldaten der Roten Armee befreiten einerseits Osteuropa von den Deutschen, brachten andererseits seinen Völkern eine erneute Bedrängnis. Nicht wenige der nach Deutschland Verschleppten galten in ihren Ländern als Heimatverräter. Frauen litten besonders unter Vergewaltigungen und sexuell konnotierten Verratsvorwürfen. Viele Menschen mussten zwischen Exil und Heimkehr wählen. Noch anders die jüdischen Überlebenden: Heimatlos, entwurzelt und verlassen konnten sie nur mühsam einen Neuanfang in der Fremde starten.

Biografische Daten

Zofia B., politisch Verfolgte und KZ-Überlebende aus Polen

  • geboren 1923 in Łódź, Polen
  • 1930 bis 1939: Besuch der Grundschule und des Mädchengymnasiums
  • ab 1940: Tätigkeit in einer Untergrundgruppe
  • 1941–1943: Arbeit bei einer Schneiderei in Łódź, Kontakte zur Freundin im Ghetto
  • September 1943: Verhaftung und Einlieferung ins KZ Auschwitz
  • August 1944: Transport über das KZ Ravensbrück ins KZ Helmbrechts, ein Außenlager des KZ Flossenbürg
  • 13. April 1945: Evakuierung des Lagers und „Todesmarsch“ bis zum tschechischen Zwodau
  • 7. Mai 1945: Befreiung des KZ Zwodau durch amerikanische Soldaten; Rückkehr in die Heimatstadt
  • 1946: Heirat
  • 1950 und 1952: Geburt von zwei Töchtern
  • 1946 bis 1979: Arbeit als Büroangestellte
  • nach 1990: erste Deutschlandreise im Rahmen eines Besuchsprogramms des Maximilian-Kolbe-Werkes

Galina G., ehemalige Zwangsarbeiterin aus der Sowjetunion

  • geboren 1925 im Dorf Kotschergy, Gebiet Sumy, Ukraine, Sowjetunion
  • 1933: Verbannung der Familie wegen Auslandskontakte nach Sibirien; Unterbringung in einem Internat für Kinder der Verbannten
  • 1941: Rückkehr der Familie in die Ukraine, deutsche Besatzung
  • Juli 1942: Verschleppung nach Österreich und Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb; Liebe zum französischen Zwangsarbeiter Émile und Schwangerschaft
  • Mai 1945: Befreiung durch die Rote Armee, Trennung der Geliebten
  • August 1945: Geburt des Sohnes in Kiew; jahrelange, erfolglose Suche nach Émile
  • 1950: Heirat; Geburt von zwei weiteren Kindern
  • 1951 bis 1959: Studium für Bauingenieurin
  • bis 1991: Arbeit in ihrem Beruf
  • 2003: erneute Suche nach Émile

Tosia S., jüdische Überlebende aus Ostpolen

  • geboren 1929 in Zaleszczyki, Galizien, Polen, heute Ukraine
  • 1935: Umzug nach Horodenka, Polen, heute Ukraine
  • 1939: Besetzung der Stadt durch sowjetische Truppen
  • Sommer 1941: Einmarsch der Deutschen
  • ab Oktober 1941: im Ghetto Horodenka, dann in anderen Ghettos, Trennung vom Vater
  • 1942: Tod der Mutter
  • ab Frühling 1943: im jüdischen Arbeitslager Lisowice
  • 1943: Tod des Bruders
  • 28. März 1944: Befreiung durch die Rote Armee; Begegnung mit entfernter Familie in Czernowitz
  • nach Mai 1945: Übersiedlung nach Gliwice, Polen
  • 1946: Ausreise aus Polen
  • bis März 1949: Aufenthalt in Fürth, in der amerikanischen Besatzungszone, anschließend Emigration nach Peekshill, New York, USA
  • 1950 Heirat, Geburt von drei Söhnen
  • Arbeit als Hebräisch-Lehrerin