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Liliana S.: Italienische Jüdin, mit 13 Jahren nach Auschwitz deportiert

Die italienische Jüdin Liliana S. flieht 1943 in die Schweiz, wird aber von der Schweizer Polizei zurückgewiesen und dann nach Auschwitz deportiert. Dort überlebt sie die Selektion und arbeitet in einer Metallfabrik.

  • geb. 1930 in Mailand, wächst als Halbwaisin bei ihrem Vater auf 
  • seit den Rassengesetzen 1938 erfährt sie als Jüdin zunehmende Diskriminierungen
  • nach der deutschen Besetzung Italiens fliehen Liliana und ihr Vater im Dezember 1943 über die Berge in die Schweiz
  • sie werden von der Schweizer Grenzpolizei zurückgeschickt und in Italien verhaftet
  • 30. Januar 1944 Deportation nach Auschwitz-Birkenau, der Vater wird vergast
  • bis zur Auflösung des Lagers leistet die 14-Jährige Liliana S. Zwangsarbeit bei den Weichsel-Union-Metallwerken
  • im Januar 1945 Verlegung nach Ravensbrück, dann ins Außenlager Malchow
  • Befreiung und Rückkehr nach Mailand, 1951 Heirat
  • drei Kinder und drei Enkel
  • stellt sich oft als Zeitzeugin in Schulen und Filmen zur Verfügung

Liliana S. erinnert sich an die Zurückweisung an der schweizerischen Grenze:

Nel boschetto incrociammo una sentinella svizzera. Questo, senza una parola ci prese in consegna e ci accompagnò al comando di Polizia del primo paesino che si chiama Arzo, della Svizzera italiana […]Poi al Comando di Polizia, dopo lunga attesa, l’ufficiale che ci ricevette disse che eravamo degli imbroglioni, che non era vero che in Italia gli Ebrei erano perseguitati, che la Svizzera era piccola  e che non ci poteva tenere. No! Io, quando ho sentito questo, proprio ho detto fra me: “No, no, questo non è possibile, non è vero che ci capita una cosa di questo genere.” Mi ricordo che mi buttai per terra, gli abbracciai le gambe, lo stringevo, lo supplicavo. E mio papà anche lì, fece un tentativo di lasciare me, lì, disse: ”Ma tenga almeno la mia bambina!” Questo, a parte che forse non l’avrebbe neanche fatto, ma poi non ebbe il tempo di dire sì o no, perché io dissi: ”No! Assolutamente, non resto qui!” Nella maniera più assoluta: “Non resto!” Non mi sono mai pentita di questo, è stato un momento cruciale della mia vita, ma non mi sono mai pentita di questo. Ho abbracciato mio papà e ho ditto: “Non resto io qui, non resto qui, per nessun motivo!” Ci ha rimandati indietro. In dem Wäldchen trafen wir auf einen schweizerischen Wachposten. Er nahm uns ohne ein Wort in Gewahrsam und brachte uns zum Polizeiposten des ersten Dorfes in der italienischen Schweiz, nach Arzo. […] Dann im Polizeirevier, nach langem Warten, sagte der Offizier, der uns empfing, dass wir Schwindler seien. Er sagte, dass es nicht wahr sei, dass in Italien die Juden verfolgt wurden, dass die Schweiz zu klein sei und man uns nicht aufnehmen könne. Nein! Als ich das hörte, habe ich zu mir selbst gesagt: „Nein, nein, das kann nicht sein, es kann nicht sein, dass uns so etwas passiert.“ Ich erinnere mich, dass ich mich auf den Boden warf und dem Polizisten die Beine umklammerte, mich an ihn drückte, flehte. Und mein Vater machte auch den Versuch, mich dort zu lassen, er sagte: „Aber nehmen sie zumindest mein Kind auf!“ Davon abgesehen, dass es wahrscheinlich nicht so gekommen wäre, aber der Polizist hatte nicht einmal die Zeit, ja oder nein zu sagen, denn ich sagte: „Nein, ich bleibe auf gar keinen Fall hier!“ Ganz entschieden: „Ich bleibe nicht hier.“ Ich habe das nie bereut. Es war ein entscheidender Moment in meinem Leben, aber ich habe es nie bereut. Ich umarmte meinen Vater und sagte: „Ich bleibe nicht hier, ich bleibe nicht hier, auf keinen Fall!“ Er hat uns zurückgeschickt.

 

Interview-Daten:

 

Literatur: Emanuela Zuccalá, Sopravvissuta ad Auschwitz. Liliana Segre fra le ultime testimoni della Shoah, Milano 2005