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Zeugenschaft in NS-Prozessen

Am 20. Dezember 1963 begann der Frankfurter Auschwitz-Prozess. Im folgenden Video spricht der jüdische Auschwitz-Überlebende und Künstler Yehuda B. über seine Erfahrungen als Zeuge im Eichmann- und zwei Jahre später im Auschwitz-Prozess.

Zeugenschaft in NS-Prozessen. Ausschnitte aus dem Video-Interview mit dem ehemaligen jüdischen KZ-Häftling Yehuda B., Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945", Dauer 07:07 Minuten, Schnitt: Tobias Kilgus, Alexandra Neumann, Cord Pagenstecher © Freie Universität Berlin 2011

Zeugenschaft in NS-Prozessen

Am 20. Dezember 1963 wurde im Frankfurt am Main der größte Strafprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte aufgenommen. Angeklagt waren 23 Aufseher und Angehörige der Lagerverwaltung in Auschwitz. Im Laufe des Verfahrens wurden über 360 Zeugen vernommen: eine sehr schwere Aufgabe für viele Überlebende. Nachdem zwei Angeklagte wegen Krankheit ausgeschieden waren, endete der Prozess im August 1965 mit 17 Verurteilungen und 3 Freisprüchen.

Der weltweit aufmerksam verfolgte Frankfurter Auschwitz-Prozess, aber auch der Eichmann-Prozess im Jahr 1961, zeigten die Bedeutung der Aussagen von Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung. Erst später interessierte sich auch die Geschichtswissenschaft für die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen.

Die juristische Zeugenschaft in einem Gerichtsprozess unterliegt freilich anderen Bedingungen als die historische Zeitzeugenschaft in einem Interview. Statt der individuellen, oft traumatischen Erinnerungen werden in Strafverfahren wie dem Auschwitz-Prozess juristisch beweiskräftige Aussagen über die Verantwortung einzelner Täter gefordert. Yehuda B., der als Zeuge im Eichmann- und im Auschwitz-Prozess aussagte, berichtet von seinen Erfahrungen dabei.

In der Reihe "Stimmen der Opfer am Ort der Täter" wird an der Topographie des Terrors ein Projektschultag angeboten, der die Zeugenschaft im Ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess zum Gegenstand hat. Die Schüler(innen) arbeiten dabei u. a. mit dem Interview von Yehuda B.

Literatur und weiterführende Links:

Biografische Daten

Yehuda B., Zeuge, Zeitzeuge und Künstler

  • 1929 Geburt in Mährisch-Ostrau (heute Tschechien)
  • 1942 Deportation nach Theresienstadt mit den Eltern und der älteren Schwester
  • 1943 Deportation der Familie nach Auschwitz-Birkenau, Mitglied der "Birkenau Boys"
  • 1945 Todesmarsch nach Mauthausen und Gunskirchen, Befreiung durch die Amerikaner, Rückkehr nach Prag, Unterbringung in Přemysl Pitters Waisenhaus im Schloss Štiřín bei Prag
  • 1946 Übersiedlung nach Palästina, Beginn eines Kunststudiums
  • 1959 Berufung als Professor für Grafik und Zeichnen
  • 1961 Aussage im Eichmann-Prozess
  • 1964 Aussage im Auschwitz-Prozess
  • Ausstellungen in vielen europäischen Museen