Ziele und Arbeitsschritte des Projekts
Das Projekt "Zwangsarbeit 1939-1945" zielt auf die Sicherung, Bereitstellung, Erschließung und Aufbereitung der Audio- und Video-Interviews und ihrer Begleitmaterialien.
Zentrale Arbeitsschritte sind die Archivierung, die Digitalisierung, der Aufbau einer Online-Plattform, die Übersetzung, die Erschließung und die Erstellung von Bildungsmaterialien. Ein Einführungsfilm von 2010 informiert knapp über die Interview-Sammlung und die ersten Arbeiten am Archiv. Eine Liste von Publikationen aus dem Projekt finden Sie hier.
Das Kooperations-Projekt ist im Herbst 2007 gestartet. Zunächst wurden die Interview-Bänder digitalisiert und qualitativ nachbearbeitet. Seit Januar 2009 steht das Archiv in einer ersten Online-Version für Expertinnen und Experten zur Verfügung. Seit 2010 bietet ein neues Release eine verbesserte Such- und Benutzer-Funktionalität. Auf den Interviews basierende Bildungsmaterialien wurden 2010 als DVD und Lehrerheft, 2016 als Online-Angebot erarbeitet. Die Übersetzungs- und Erschließungsarbeiten werden noch fortgesetzt.
Übersicht über die einzelnen Projektbausteine
- Archivierung und Inventarisierung
- Digitalisierung
- Online-Bereitstellung
- Übersetzung
- Segmentierung und Erschließung
- Bildungsarbeit
Archivierung und Inventarisierung
Das Deutsche Historische Museum sorgt für die fachgerechte Inventarisierung und die dauerhafte Lagerung der etwa 2000 Audio- und Video-Bänder und ihrer Begleitmaterialien unter konservatorisch optimalen Bedingungen in der Kinemathek des Deutschen Historischen Museums.
Digitalisierung
Das Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität Berlin hat die etwa 2000 Video- und Audio-Bänder digitalisiert. Die Bänder wurden mit dem Digas-System der Firma David Systems digitalisiert und qualitativ, nicht aber inhaltlich nachbearbeitet. Die Dateiformate Broadcast WAVE (für die 393 Audio-Interviews) und DV (für die 190 Video-Interviews) sind praktikable und vielfältig einsetzbare Zwischenformate. Zur Nutzung über eine Online-Plattform wurden die Dateien in ein internetfähiges Format übertragen (Audio: MP3, Video: MPEG4 Codec H264 und FLV onVP6).
Bereitstellung über eine webbasierte Archivplattform
Das Center für Digitale Systeme (CeDiS) hat eine interaktive webbasierte Archivplattform entwickelt. Nach einer Registrierung sind folgende Materialien zugänglich:
- Interviews (Audio / Video)
- Transkripte
- Übersetzungen (sofern vorhanden)
- Fotografien und Dokumente
- Kurzbiografien
- Weiterführende Informationen
Unterschiedliche Rechercheoptionen (Personen, Meta-Daten und Volltextsuche) erlauben den gezielten Zugriff auf Interviews. Studierende, Forscherinnen und Forscher, aber auch Schülerinnen und Schüler können die Interviews nach Teilsammlungen, Gruppen, Orten oder konkreten Erfahrungen durchsuchen und die Rechercheergebnisse online ansehen bzw. anhören. Über Volltextsuche, Inhaltsverzeichnisse, Kartensuche und Register ist ein gezielter thematischer Zugriff auf einzelne Interviewsequenzen möglich. Nutzerinnen und Nutzer können ihre Suchen in einer Arbeitsmappe speichern und Anmerkungen zu einzelnen Sequenzen verfassen.
Übersetzung
Zur einfacheren Nutzung in Bildungsarbeit und Forschung sind die in 25 Sprachen vorliegenden Interviews fast vollständig ins Deutsche übersetzt worden. Der Arbeitsbereich für Geschichte Ostmitteleuropas am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin hat das Lektorat und die Übersetzung der Transkripte koordiniert. Die Archivplattform ist auf deutsch, englisch und russisch zugänglich.
Segmentierung und Erschließung
Die wissenschaftliche Erschließung ermöglicht eine Recherche, die zielgenau auch zu einzelnen Interviewpassagen führt. Grundlage ist die Segmentierung der mehrstündigen Interviews, d. h. die Koppelung von Transkript und Mediendatei mit Hilfe von Timecodes.
Mit einem webbasierten Redaktionssystem werden dann die Interviews nach Orten, Lagern, Firmen und Personen indexiert und mit Haupt- und Zwischenüberschriften gegliedert. Kurzbiografien und persönliche Daten der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen werden überprüft. Im Ergebnis ermöglichen biografische Daten, Inhaltsverzeichnisse, Register, Karten- und Volltextsuche die Orientierung und die Recherche innerhalb der umfangreichen lebensgeschichtlichen Interviews. Zugleich können dadurch verschiedene Berichte, etwa aus dem gleichen Lager, miteinander verknüpft werden.
Segmentierung und Erschließung der Interviews werden vom Center für Digitale Systeme der Freien Universität Berlin koordiniert.
Bildungsarbeit
Auf der Grundlage von biografischen Kurzfilmen wurden 2010 zusammen mit der Bundeszentrale für poltische Bildung digitale Unterrichtsmaterialien auf DVD erstellt: "Zeitzeugen-Interviews für den Unterricht: Video-DVD - Lernsoftware - Lehrerheft" erleichtern die Nutzung der Interviews im Geschichtsunterricht, bei Projekttagen oder Präsentationsprüfungen.
Ausgewählte Interview-Ausschnitte werden in einer PC-Station im Deutschen Historischen Museum und in weiteren Ausstellungen und Museen gezeigt. Der Online-Einstieg Flossenbürg hilft bei der Vorbereitung eines Gedenkstättenbesuchs, der Online-Einstieg Ruhrgebiet bei der Vorbereitung eines Projekttags zur Zwangsarbeit in Nordrhein-Westfalen. Projektschultage in der Topographie des Terrors konfrontieren Täterquellen mit Erinnerungen von Überlebenden. Auch andere Museen, Forschungs- und Bildungsprojekte nutzen Bestände des Archivs.
Seit 2016 fördert die auf den Interviews beruhende Online-Anwendung "Lernen mit Interviews: Zwangsarbeit 1939-1945" historische und mediale Kompetenzen und eine aktive Erinnerung an die nationalsozialistische Zwangsarbeit und ihre Opfer. Darüber hinaus haben unsere Partner von Živá paměť Prag und dem Regionalzentrum für Oral History in Woronesch mit uns jeweils eigene Ländervarianten der Lernumgebung vorbereitet: "Nucená práce 1939-1945" (tschechisch) und "Обучение на основе интервью" (russisch). Eine polnischsprachige Lern-Anwendung wird derzeit von der polnischen Striftung Ośrodek Karta erarbeitet und voraussichtlich Anfang 2019 online gehen.